Am Abend hatte ich einen Geschäftstermin und vor mir lagen 4 Stunden Fahrt durch die flirrende Sommerhitze. Wie so oft bei langen Fahrten recherchierte ich, ob vielleicht noch ein kleiner Schrottplatz oder ein schlummerndes Autowrack auf der Strecke liegt.
Tatsächlich hatte ich eine Location in meinem Archiv, die ich schon vor einigen Jahren besuchte, damals allerdings ohne Erfolg, der Hausherr ließ mich nicht auf sein Gelände. Also machte ich einen kurzen Schlenker auf meiner Route und versuchte erneut mein Glück. Bei der Ankunft stand die Mittagssonne im Zenit, das Licht war gleißend und die Schatten entsprechend hart, nicht die besten Voraussetzungen für ein Shooting. Ich erwischte den Chef vor der Werkstatt, er rangierte gerade einen T3 Bulli und ich begann ein Gespräch mit ihm. Dieses Mal war er zutraulicher und nach kurzem Plaudern ließ er mich hinter den überwucherten Zaun und ich konnte mich frei auf seinem weitläufigen Areal bewegen. Bei 35 Grad und praller Sonne verschaffte in mir einen ersten Überblick
Das Gelände war zweigeteilt und ich begann mit dem Teil, den man auch von der Straße einsehen konnte. Ein knallroter Lancia Zagato fiel mir als erstes ins Auge. Der kleine Sportwagen, der entfernt an einen 911er erinnert machte noch einen ganz guten Eindruck und der Chrom glänzte im Sonnenschein.
Im zweiten Teil des Anwesens standen links und rechts an einem Weg entlang ca. 40 Fahrzeuge aufgereiht, als würden sie nur kurz parken. Viele von ihnen parken jedoch schon seit Jahren dort – Wind, Wetter, Regen und Sonne tagein tagaus. Eine kleine Gruppe Mercedes und Saab waren fast vollständig von Brombeeren überwuchert, nur ihre Gesichter schauten noch aus dem Dickicht. Einige RO80 waren zu sehen, ihre Karosserie ist auch heute noch modern und war in den 70ern des letzten Jahrhunderts ihrer Zeit designtechnisch meilenweit voraus. Das Antriebssystem mit dem Wankelmotor war ebenfalls sehr speziell. Direkt daneben stand eins meiner Lieblingsfahrzeuge, ein Volvo P1800 in silber. Es machte mich traurig, ihn in diesem Zustand zu sehen, ob er jemals wieder auf der Straße sein wird?
Inzwischen gesellte sich der Chef zu mir. Ich schätze, er ist schon in die 70 und träumt immer noch davon seinen angesammelten Schatz nach und nach zu restaurieren und zu altem Glanz zu verhelfen. Er weiß zu vielen Autos Geschichten zu erzählen, wo er sie aufgetrieben hat oder wem sie mal gehörten. Hängen blieb die Story über den schwarzen Studebaker, ein amerikanischer Luxusschlitten mit gewagten Formen. Er soll einem berühmten Düsseldorfer Künstler gehört haben.
Der Gran Turismo aus den 60ern hatte durchaus noch Potential, der Innenraum wirkte noch frisch und komplett. Allerdings wird er es sicher nicht in die Werkstatt schaffen und in einigen Jahren das gleiche Schicksal ereilen wie die anderen Wagen. Eine weitere Spezialität erregte meine Aufmerksamkeit. Ein kleiner Sportwagen, den ich bisher nur von Bildern kannte, kein Wunder denn von dem Auto, einem Matra 530, wurden bis Anfang der 70er nur knapp 10.000 Exemplare gebaut. Wie sein Nachfolger, der Bagheera, hatte der 530 eine Glasfaserkarosserie. Interessanterweise begegnen mir bei meinen Touren viele Matras, am häufigsten Ranchos. Trotz der geringen Stückzahlen.
Neben dem 530 entdeckte ich einen Moskwitsch 403. Der kleine Russe stand in einem Schotterbett und wurde von der Mittagssonne in Szene gesetzt. Ein schönes Wechselspiel von Rost und Chrom erinnerte mich an Autowracks im amerikanischen Westen, die ich bereits vor 25 Jahren fotografierte.
Ich habe regelrecht die Zeit vergessen an diesem einmaligen Ort, der Patron zeigte mir noch seine laufenden Projekte in der überbordend gefüllten Werkstatt. Eine DS und ein T1 Samba standen dort und wurden hergerichtet. Allein die Tatsache, dass sie es schon in die Halle geschafft haben erhöht die Chance, dass sie es eines Tages auch auf die Straße schaffen.
Ich hoffe, der alte Herr wird noch Kraft genug dafür haben und noch einige gesunde Jahre – würde es ihm wünschen.
Mit vollen Speicherkarten und dankbar für diesen wunderbaren Ort musste ich schließlich weiter, vor mir lag noch eine lange Fahrt und eine Abendveranstaltung, die dieses Erlebnis jedoch niemals toppen konnte.